Kühe auf dem Ponyhof

Ich bin Realitätsverweigerer. Mein Leben ist ein Ponyhof und wenn ich von toten Kindern, Krieg und Terror lese, wird mir so schlecht, dass ich aufhöre zu essen (was möglicherweise gut für die Figur wäre, aber echt schlecht für meine Laune).

Dass ich trotzdem weiß,was in der Welt passiert, liegt an meinem Job (ich arbeite für ein nachrichtenproduzierendes Unternehmen) – da landen Nachrichten eben schon mal im E-Mail-Postfach – an Twitter und an Facebook. Und das Leid in meinen Nachrichtenstreams wird von Tag zu Tag größer.

Dabei weiß ich gerade nicht, was mir mehr Magenschmerzen bereitet:

Auf der einen Seite gehen Menschen kilometerweit zu Fuß, nehmen unsichere Schifffahrten in Kauf, springen von Autobahnbrücken auf LKWs, weil in ihrer Heimat schlimmere Leiden drohen. Auf der anderen Seite bewerfen Menschen die Kuh, die plötzlich auf ihrem Ponyhof steht, mit Steinen, weil sie Angst vor ihr haben.

Um zumindest kurzfristig Flüchtlingen zu helfen, gibt es eine Vielzahl guter Aktionen, die ich gerne unterstütze. #BloggerfürFlüchtlinge zum Beispiel, das unter anderem Paul Huizing, Karla Paul, Nico Lumma und Stevan Paul gestartet haben. Oder auch Kleinigkeiten, wie eine einfache Spendenbox auf der Betahaus-Theke. Letztlich müssen wir alle gerade dazu beitragen die Situation zu meistern – es geht hier um Menschen, denen von Menschen geholfen werden soll.

Gegen den Hass und die Angst gibt es aber noch viel zu wenig. Das Problem ist nicht bekämpft, indem wir “Flüchtlingsgegner” auf allen Internetseiten mit “Nazis” ersetzen, höchstens unsere eigenen Ponyhöfe werden dadurch wieder rosa gestrichen. Mit großen Bekundungen auf Twitter, Facebook und auf Blogs ist es eben nicht getan – wir haben hier gerade zwei Öffentlichkeiten, deren Inhalte einander nicht erreichen.

Dass öffentlichkeitswirksame Menschen wie Til Schweiger sich gerade Gehör verschaffen, ist wichtig, aber genauso wichtig ist jedes einzelne Gespräch, das wir auf der Straße führen. Wir müssen als Menschen auch diesen Menschen helfen, zu verstehen worum es hier geht – und das ist mit Hashtags alleine nicht getan.

Bitte macht den Mund auf und versteckt euch nicht im Internet!
Und bitte spendet für Blogger für Flüchtlinge: www.betterplace.org/de/fundraising-events/bloggerfuerfluechtlinge 

Bild: Ryan McGuire

One thought on “Kühe auf dem Ponyhof

  1. Lela Erlenwein

    Schöner Beitrag Jenni!
    Vor meinem Wohnatelier befindet sich das Messegelände, in dem viele Flüchtlinge zur Zeit untergebracht sind. Dort sehe ich täglich, besonders am Wochenende viele junge Leute, die ihre Kleidung in der Größe S und M zur Kleiderabgabestelle bringen. Größen L und XL wären unangebracht, da die Flüchtlinge ziemlich abgemagert hier ankommen. Somit möchte ich auch diese Art der Spende an euch herantragen!

Comments are closed.