Journalismus ist in den letzten zehn Jahren so viel toller geworden. Redet ihn doch bitte nicht immer tot

Das BBC newslab hat gestern eine spannende Timeline zur Zukunft der Nachrichten gepostet. Ein Blick auf die Grafik und ich war wieder völlig verliebt in meinen Job.

Heute in den Medien zu arbeiten ist spannend, auch wenn es Kraft kostet – der Markt wird gerade völlig durcheinander geschüttelt. Leider führt das so ganz schön vielen Pessimisten, was ziemlich traurig ist.

2004 habe ich angefangen Journalismus zu studieren. Nicht etwa, weil ich Karla Kolumna werden wollte, sondern weil sich Technikjournalimus nach genau dem anhörte, was ich eh schon gerne tat: Zwei vollkommen unterschiedliche Dinge zusammen bringen. Außerdem war meine Vorstellung von Journalismus ständig unter Strom zu stehen und einen Beruf mit großer Leidenschaft zu machen.

Ich habe schnell gemerkt: So romantisch ist das gar nicht. Journalismus ist Handwerk und Handwerk (das wusste ich ja schon von zu Hause) ist dann doch jeden Tag ziemlich ähnlich, auch wenn jedes Haus eine andere Herausforderung birgt.

Mein erstes Praktikum habe ich darum nicht in einer Redaktion gemacht, sondern in einer PR- und Marketing-Abteilung. So einer ganz kleinen, die quasi alles macht – von der 18:1-Buchung, über Pressekonferenzen bis hin zu Sponsoring-Verträgen. Da war  – scheinbar – schon viel weniger Alltag drin.

Auch nach dem Studium wollte ich nicht Journalistin werden. Ich bin an der Hochschule geblieben, habe mit einem Teilzeitvertrag Veranstaltungen für die gesamte Hochschule organisiert, mit einem anderen Teilzeitvertrag Öffentlichkeitsarbeit für meinen alten Fachbereich gemacht.

Dann änderten sich die Rahmenbedingungen und ich fing an das Institut für Medienentwicklung und –analyse aufzubauen. (Nebenbei war ich dann auch plötzlich Journalistin geworden, da ich mit Andreas Schümchen das Magazin „Technikjournalist“ und „innovations-journalismus.de“ startete.) Dadurch rückte ich wieder näher zum Journalismus – und da tat sich gerade einiges.

Plötzlich hatte ich nicht mehr den Eindruck vom verstaubten Handwerk. Im Gegenteil: Journalismus war plötzlich agil und jeden Tag neu. Neue Firmen wie Media Storm, Buzzfeed oder Flattr dominierten meine Wahrnehmung. Journalismus wurde spannend, erfand sich neu – wurde sexy.

Hiobsbotschaften von gekündigten Redaktionen lese ich nicht, ich reagiere auch ziemlich allergisch darauf, wenn wieder jemand vom Untergang des Journalismus spricht. Ich lese Karsten Lohmeyers Interviews mit tollen Mediengründern, die Niemanlab-Analysen über neuen Journalismus oder die großartigen Reaktionen der Welt-Redaktion auf Kommentare. Sie alle zeichnen das Bild vom lebendigen Journalismus, der auflebt und sich neu erfindet.

Mittlerweile sitze ich etwa alle zwei Wochen in unserem dpa-Großraum in Berlin und haben eben diese Leidenschaft und Anspannung gefunden, die ich im Studium vergeblich gesucht hatte. Die vermeintlich alte Tante dpa ist ein toller Ort für mich, ich bin von vielen Kollegen umgeben, die Ideen haben und sie umsetzen, die ausprobieren und gestalten. Wir haben so viele Produkte, dass ich in meinem sechs Monaten hier nicht mal zwei Drittel davon kennen lernen konnte. Ich bin schon gespannt wie unsere Redaktion den “Man on Mars 2027” covern wird.

 

Update:  Journalistin bin ich übrigens immer noch nicht geworden ;)

One thought on “Journalismus ist in den letzten zehn Jahren so viel toller geworden. Redet ihn doch bitte nicht immer tot

  1. Lela Erlenwein

    Liebe Jenni.
    Alle 10 Jahre wird in der Kunst die Malerei für tot erklärt, damit sie dann wieder neu auferstehen kann. Das war das erste was ich in der Kunstschule lernte.
    Ich selber höre mit dem Malen auf, um dann, wenn für mich die Zeit reif ist, wieder transformiert weiterzumachen.

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