Wünsche an eine Zeit nach Corona

Corona wirkt auf mich, wie Hausarrest für die Welt. Wir waren unartig, jetzt müssen wir auf die stille Bank und über unsere Taten nachdenken. Wir haben Menschen unfassbar reich gemacht und die Schere zu den Armen aufgerissen. Nicht einfach nur dadurch, dass sie weniger Geld haben, sondern auch dadurch, dass sie immer höher werdenden Ausgaben gezwungen werden.

Habe ich nicht genug Einkommen für eine Dreizimmer-Wohnung im Zentrum muss ich in die Außenbezirke ziehen, mir dafür dann aber auch ein Auto anschaffen, weil Arbeit, Supermarkt und Kita sonst nicht mehr sinnvoll zu erreichen sind oder eben mit meiner Familie auf 50qm im Zentrum leben.

Zusätzlich zum Stromvertrag muss noch Miete für das Smartmeter gezahlt werden, eine Entscheidung die der Vermieter traf, nicht der Mieter. Jeder braucht ein Smartphone – und das meine ich nicht ironisch – um am Leben teilhaben zu können.

Statt sehr ergiebige, feste Seife, füllen wir Seife in Plastikflaschen, die schnell leer sind und anschließend auf wachsenden Müllbergen landen, die unsere Urenkel noch beschäftigen werden. Schuhe sind aus Plastik und Kleber, die keine zehn Regentage überdauern, Trends ändern sich quartalsweise, wer sich dem widersetzt steht auf dem Schulhof allein.

Während unsere Gesellschaft also gezwungen wird ineffizient Geld auszugeben, versuchen Manager Unternehmen zur höchstmöglichen Shareholder Value zu optimieren, der Mensch wird zur Ressource.

Ein potentieller Kunde wird zum Lead, ein Mitarbeiter zum Kostenpunkt und für den Manager sind beide nur Zahlen auf seinem Dashboard. Ob etwas gut oder schlecht funktioniert wird als “Rate” oder “Effectiveness” gemessen und wir verlagern damit die Entscheidungen auf die Zahlenebene aus.

So wie Alpha Go Spielzüge spielt, den jeden menschlichen Go-Experten verwundern, werden auch unternehmerische Entscheidungen auf Algorithmen verschoben und damit entmenschlicht.

Ich hoffe dass Corona die Wirtschaft verändern wird. Anders als zu Zeiten der Finanzkrise werden wir hoffentlich nicht einfach die Pause-Taste drücken und anschließend weitermachen, wie zuvor.

Ich hoffe, dass Europas Leitfiguren daraus lernen, wie wichtig es ist, bestimmte Produktionen wieder zurück zu holen, statt erneut die sterbende Autoindustrie zu retten. Die Produktion von Medikamenten ist beispielsweise komplett von Asien abhängig, kein einziger Rohstoff wird mehr in Europa produziert. Wo Backshoring durch Automatisierung und Robotik schon begonnen hatte, wird es durch Corona hoffentlich Fahrt aufnehmen – und auch wenn es paradox klingt, aber es wird Arbeitsplätze schaffen.

Ich hoffe, dass die Manager zurückfinden vom Fokus auf den Shareholder Value zum Gemeinwert. Dass sie Produkte schaffen, die von ihrem eigenen Wert leben und weder von der geschickten Werbung oder den optimierten Produktionskosten. Dass sie aufhören x Versionen des gleichen Produkts zu machen, nur um künstlich ihren Marktanteil zu steigern und einfach wieder gute Produkte machen, die auch im gesellschaftlichen Kontext sinnvoll sind (weder 50 Shampoo-Sorten, noch Autos, die weder Platz für drei Kindersitze haben, noch auf einen normalen Parkplatz passen sind sinnvoll).

Und so träume ich von einer Welt, in der Vorsorge und Luxus bedeutet Zeit für Körper, Geist und Liebe zu haben und nicht möglichst viel Geld, Champagner und Yachturlaub. In der die mit viel, die mit wenig einladen, statt ausbeuten. Eine Welt in der man dafür gefeiert wird, wenn man teilt und nicht wenn man gut aussieht. Eine Welt in der das Schaffen einer besseren Welt das höchste persönliche Ziel ist und nicht das Anhäufen von Reichtum, Macht und Popularität.

Bitte, liebe Manager, liebe Politiker, liebe Lobbyisten – seht den Wert, den Gemeinschaft auch euch gibt und hört auf, auf euren eigenen Vorteil hin zu arbeiten.

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